Die Handelskammer setzt sich für die dualen Ausbildungsmodelle ein

Unter dem Titel „Luxemburger Erklärung” initiiert auf ihrer gemeinsamen Tagung am 22./23. November 2012 in Luxemburg, haben die Industrie- und Handels-, Handwerks- und Wirtschaftskammern in Deutschland, Österreich und Luxemburg, eine Gemeinsame Stellungnahme zum Memorandum der EU-Bildungsminister mit dem Titel “Berufliche Bildung in Europa – Perspektiven für die nächste Generation" veröffentlicht. Hiermit unterstützen sie die Stärkung dualer Ausbildungsmodelle und Strukturen in Europa nachdrücklich.  

Die dramatisch hohe Arbeitslosigkeit vieler Jugendlicher in der EU ist nicht nur auf die Wirtschafts- und Finanzkrise, sondern auch auf ineffektive Bildungssysteme zurückzuführen. 

Die berufliche Bildung wird in zahlreichen Mitgliedstaaten derzeit überwiegend durch den Staat in vollzeitschulischer Form organisiert und orientiert sich nicht genügend an den konkreten Bedürfnissen der Unternehmen. Deshalb eröffnet sie ihren Absolventen oftmals auch keine guten Beschäftigungsperspektiven und stellt den Unternehmen zu wenig gut qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung. 

Diesem Bildungsnotstand muss dringend durch tiefgreifende Reformen entgegengesteuert werden. Die Kammern als Vertreter der Unternehmen und Träger der erfolgreichen dualen Berufsausbildung der EU fordern, dass alle EU-Mitgliedstaaten ihre Bildungssysteme stärker an den tatsächlichen Bedürfnissen der Betriebe ausrichten. 

Konkret bedeutet dies:

  • Im schulischen Bereich muss es an erster Stelle stehen, die Anzahl  der Schulabbrüche signifikant zu vermindern und möglichst alle Schulabgänger für eine Ausbildung zu qualifizieren.

  • Der Stellenwert der beruflichen Bildung muss europaweit verstärkt werden, indem sie als gleichwertige Säule zur Allgemeinbildung und zur Hochschulbildung ausgebaut wird. Dazu müssen allerdings ein besseres Image, mehr Praxisanteile und auch Durchlässigkeit zur Hochschule geschaffen werden. Damit verbunden müssen auch hochwertige Abschlüsse der Berufsbildung in die oberen Niveaustufen der Nationalen Qualifikationsrahmen eingeordnet werden.

  • Ein Ausbau der beruflichen Bildung und eine Aufwertung des Images muss verbunden sein mit der Möglichkeit flexible Karrierewege realisieren zu können. Für diese Karrierewege über die berufliche Bildung sollte umfassend bei Schüler/innen, Lehrer/innen und Eltern geworben werden.

  • Lern- und Arbeitserfahrung im Ausland bringen den Auszubildenden, ihren Unternehmen und der betrieblichen Ausbildung insgesamt einen hohen Mehrwert. Die Kammern setzen sich deshalb tatkräftig dafür ein, mehr jungen Menschen einen betrieblichen Auslandsaufenthalt zu ermöglichen. Beispielsweise berät und unterstützt das über den ESF geförderte Netzwerk der Mobilitätsberater bei den Industrie- und Handelskammern sowie den Handwerksammern in Deutschland sowie der von den österreichischen Kammern getragene Verein „Internationaler Fachkräfteaustausch" insbesondere kleine und mittlere Unternehmen bei der Planung und Organisation von Auslandsaufenthalten während der Ausbildung."

  • Eine unverzichtbare Voraussetzung zur europaweiten Aufwertung und Qualitätsverbesserung der beruflichen Bildung ist dabei die stärkere Einbeziehung der Unternehmen und auch von Kammern als Selbstverwaltungsorganen der Wirtschaft. Dies erfordert allerdings auch die klare politische Bereitschaft der Regierungen, sich in Teilbereichen aus der Verantwortung im Bildungsbereich zurückzuziehen - und diese eben Unternehmen und Kammern zu übertragen.

Aufgrund der guten Erfahrungen in Deutschland, Österreich, Luxemburg, – Ländern mit einer praxisorientierten und betrieblichen Ausbildung unter der Ägide von Kammern und mit sehr bzw. relativ geringer Jugendarbeitslosigkeit – sollten auch Betriebe und Kammern in anderen EU-Ländern die Möglichkeit erhalten, sich innerhalb des Systems als institutionalisierte Akteure und „Miteigentümer“ an der betrieblichen Ausbildung zu beteiligen. In Ländern mit dualer Berufsausbildung hat sich gezeigt, dass ein Miteinander von Staat, Unternehmen und Kammern ein Erfolgsmodell für die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit ist. Ein solcher Schulterschluss muss auch europaweit durch alle Beteiligten erfolgen, damit Bildung und Beschäftigung zu einem gemeinsamen Erfolgsfaktor der EU und ihrer Mitgliedsländer wird. 

Die Kammern sprechen sich ebenfalls für eine verstärkte europäische  Bildungskooperation in Europa aus und sind bereit, dazu spezifische Eigenbeiträge zu leisten. Erste Beispiele sind der Abschluss von Kooperationsvereinbarungen zwischen der deutschen IHK-Organisation und den Kammerdachverbänden in Spanien und Italien in der dualen Berufsausbildung sowie die bildungspolitische Kooperation zwischen den deutschen und französischen Kammerdachverbänden des Handwerks mit einer langjährigen Arbeitsgruppe „deutsch-französische Berufsbildungskooperation“. Eine weitere Intensivierung der europäischen Kammerkooperation ist durch die Gründung einer spezifischen Kammerarbeitsgruppe „Berufliche Bildung" unter den derzeit acht EU-Mitgliedstaaten mit öffentlich-rechtlichen Kammersystemen erfolgt. 

Weitere Informationen: info( at )lsc.lu